Der Energieausweis im Immobiliengeschäft
Der Energieausweis beim Verkauf und der Vermietung von Immobilien
Der Energieausweis spielt eine zentrale Rolle beim Verkauf und der Vermietung von Immobilien in Österreich. Hier sind die wichtigsten Punkte, die Sie beachten sollten:
Gesetzliche Pflicht zur Vorlage
In Österreich ist die Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf oder der Vermietung einer Immobilie gesetzlich vorgeschrieben. Diese Pflicht basiert auf dem Energieausweis-Vorlage-Gesetz (EAVG) und gilt für nahezu alle Arten von Gebäuden. Die Vorlage des Energieausweises ist kein optionaler Service, sondern eine verbindliche rechtliche Verpflichtung.
Das Gesetz dient dazu, Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen und Käufern sowie Mietern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten. Es setzt europäische Richtlinien zur Energieeffizienz in nationales Recht um und trägt somit zum Klimaschutz bei.
Zeitpunkt der Vorlage
Der Energieausweis muss dem potenziellen Käufer oder Mieter rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung vorgelegt werden. Dies ermöglicht es dem Interessenten, die energetische Qualität der Immobilie in seine Entscheidung einzubeziehen.
"Rechtzeitig" bedeutet, dass der Interessent ausreichend Zeit haben muss, die im Energieausweis enthaltenen Informationen zu verstehen und zu bewerten. In der Praxis sollte der Energieausweis spätestens bei der eingehenden Besichtigung, idealerweise jedoch bereits bei der ersten Kontaktaufnahme oder im Exposé zugänglich gemacht werden.
Vollständige Übergabe
Dabei muss der Energieausweis vollständig als Original oder Kopie übergeben werden. Die prominente erste Seite alleine reicht nicht aus, da die Eingaben des Ausstellers dort nicht ersichtlich sind. Es handelt sich lediglich um das "Ergebnis" der Berechnung.
Der vollständige Energieausweis umfasst:
- Das Deckblatt mit den Hauptkennzahlen und der Energieeffizienzklasse
- Die detaillierten Berechnungsgrundlagen und -ergebnisse
- Die Empfehlungen für energetische Verbesserungsmaßnahmen
- Die Angaben zum Aussteller und das Ausstellungsdatum
Tipp: Sollten Sie nur die erste Seite erhalten haben, bestehen Sie darauf, das gesamte Dokument ausgestellt zu bekommen! Jedenfalls müssen alle getätigten Eingaben ersichtlich sein.
Vertragsbestandteil
Die im Energieausweis angegebenen Werte werden als Vertragsbestandteil betrachtet. Sie gelten als zugesicherte Eigenschaften der Immobilie und können den Wert erheblich beeinflussen.
Dies bedeutet, dass bei erheblichen Abweichungen zwischen den im Energieausweis angegebenen Werten und dem tatsächlichen energetischen Zustand des Gebäudes Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können. Der Verkäufer oder Vermieter haftet für die Richtigkeit der Angaben im Energieausweis.
Wichtig für Käufer und Mieter: Sie sollten die im Energieausweis angegebenen Werte als zugesicherte Eigenschaften betrachten. Prüfen Sie diese Angaben und vergleichen Sie diese mit vergleichbaren Immobilien!
Prüfung durch beide Parteien
Sowohl Käufer/Mieter als auch Verkäufer/Vermieter sollten den Energieausweis gründlich prüfen. Für Käufer und Mieter ist dies wichtig, um die energetische Qualität und somit die zukünftigen Kosten einzuschätzen. Verkäufer und Vermieter sollten sicherstellen, dass die Angaben korrekt sind, um spätere rechtliche Probleme zu vermeiden.
Für Verkäufer/Vermieter:
- Überprüfen Sie, ob der Energieausweis von einer autorisierten Person erstellt wurde
- Stellen Sie sicher, dass alle baulichen Veränderungen berücksichtigt wurden
- Vergewissern Sie sich, dass alle Daten korrekt und aktuell sind
Für Käufer/Mieter:
- Achten Sie auf das Ausstellungsdatum und die Gültigkeitsdauer
- Vergleichen Sie die Energiekennzahlen mit ähnlichen Objekten
- Berücksichtigen Sie die zu erwartenden Energiekosten in Ihrer Kalkulation
Tipp für Verkäufer und Vermieter: Bereiten Sie den Energieausweis frühzeitig vor. Ein guter Energieausweis kann ein starkes Verkaufsargument sein und den Wert Ihrer Immobilie steigern. Ein nachträglich überreichter Energieausweis kann zu unangenehmen Nachverhandlungen führen oder schlimmstenfalls in einen juristischen Konflikt ausarten.
Rechtliche Konsequenzen
Wird kein Energieausweis vorgelegt oder enthält dieser falsche Angaben, kann dies rechtliche Folgen haben. Im schlimmsten Fall können Schadenersatzforderungen oder die Anfechtung des Vertrags die Folge sein. Darüber hinaus sind Verwaltungsstrafen möglich.
Die möglichen rechtlichen Konsequenzen im Detail:
- Verwaltungsstrafen bis zu 1.450 Euro
- Zivilrechtliche Ansprüche wegen falscher Zusicherungen
- Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung
- Preisminderungsansprüche
- Schadenersatzforderungen für höhere als erwartete Energiekosten
Durch die Beachtung dieser Punkte können Sie zu einem reibungslosen und rechtskonformen Ablauf beitragen. Fordern Sie jetzt ein unverbindliches Angebot an und lassen Sie sich von unseren Experten beraten.
Energieausweis und Immobilieninserate
In Immobilieninseraten müssen folgende Energiekennzahlen angegeben werden:
📊 Heizwärmebedarf (HWB)
Der Heizwärmebedarf gibt an, wie viel Energie pro Quadratmeter und Jahr zum Beheizen der Immobilie benötigt wird. Er muss in der Einheit kWh/m²a angegeben werden.📈 Gesamtenergieeffizienz-Faktor (fGEE)
Der Gesamtenergieeffizienz-Faktor vergleicht die Energieeffizienz des Gebäudes mit einem Referenzgebäude. Ein Wert unter 1 bedeutet, dass das Gebäude energieeffizienter ist als das Referenzgebäude.
Diese Kennzahlen müssen bereits in der Immobilienanzeige enthalten sein, nicht erst auf Nachfrage oder bei der Besichtigung mitgeteilt werden. Die Angabepflicht gilt für alle Immobilieninserate, unabhängig vom Medium – also sowohl für Online-Portale als auch für Zeitungsanzeigen, Aushänge in Maklerbüros oder Exposés.
⚠️ Achtung: Diese Angaben müssen leicht lesbar und prominent platziert sein. Bei Verstoß drohen Verwaltungsstrafen.
Korrekte Darstellung in Immobilieninseraten
Die Angabe im Inserat sollte in einem standardisierten Format erfolgen, um Missverständnisse zu vermeiden und die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Eine korrekte Angabe könnte beispielsweise so aussehen:
- Heizwärmebedarf (HWB): 65 kWh/m²a
- Gesamtenergieeffizienz-Faktor (fGEE): 0,89
Alternativ können die Werte auch in Form der Energieeffizienzklassen angegeben werden, z.B.:
- HWB: Klasse C (65 kWh/m²a)
- fGEE: 0,89
Bei Neubauten, für die noch kein Energieausweis vorliegt, aber ein Energiestandard zugesichert wird, muss dieser ebenfalls angegeben werden, z.B.:
- Niedrigenergiehaus in Vorbereitung, HWB < 50 kWh/m²a
Tipp für Immobilienanbieter: Die meisten Plattformen haben eigene Eingabefelder für diese Werte. Verwenden Sie ansonsten eine standardisierte Formulierung für die Energiekennzahlen in Ihren Inseraten, z.B.: "HWB: 65 kWh/m²a, fGEE: 0,89".
Häufige Fehler bei Immobilieninseraten
Folgende Fehler sollten bei der Erstellung von Immobilieninseraten vermieden werden:
Fehlende Angaben
Das vollständige Weglassen der Energiekennzahlen ist ein klarer Verstoß gegen das EAVG.Unvollständige Angaben
Oft wird nur der HWB angegeben, während der fGEE fehlt.Falsche Einheiten
Der HWB muss in kWh/m²a angegeben werden, nicht etwa in Prozent oder anderen Einheiten.Verwendung von Platzhaltern
Formulierungen wie "Energieausweis in Erstellung" oder "Energieausweis wird nachgereicht" sind nur in Ausnahmefällen zulässig und müssen begründet sein.Versteckte Angaben
Die Energiekennzahlen sollten nicht in den Fließtext eingebettet oder an unauffälliger Stelle platziert werden.
Konsequenzen bei fehlendem Energieausweis
Wenn kein gültiger Energieausweis vorgelegt wird, drohen:
Verwaltungsstrafen von bis zu 1.450 Euro
Die Höhe der Strafe richtet sich nach der Schwere des Verstoßes und kann im Wiederholungsfall höher ausfallen.Schadenersatzforderungen
- Beauftragung eines Energieausweises nachträglich durch Käufer oder Mieter möglich. Die Kosten hierfür können als Schadenersatz geltend gemacht werden.
- Annahme einer durchschnittlichen Gesamtenergieeffizienz. Bei Abweichungen können Schadenersatzansprüche bestehen.
Anfechtung des Kaufvertrages, was bis zur Rückabwicklung führen kann.
In schwerwiegenden Fällen kann der gesamte Vertrag rückabgewickelt werden müssen, was erhebliche Kosten und rechtliche Komplikationen nach sich ziehen kann.
Gesetzliche Fiktion bei fehlendem Energieausweis
Besonders wichtig zu wissen: Wird kein Energieausweis vorgelegt, gilt laut Gesetz die Annahme einer "durchschnittlichen Gesamtenergieeffizienz" der Immobilie. Stellt sich später heraus, dass die tatsächliche Energieeffizienz schlechter ist, kann der Käufer oder Mieter Schadenersatzansprüche geltend machen.
Diese gesetzliche Fiktion soll Käufer und Mieter schützen und einen Anreiz für Verkäufer und Vermieter schaffen, ihrer Pflicht zur Vorlage des Energieausweises nachzukommen.
Ausnahmen und Sonderfälle
Es gibt nur wenige Ausnahmen von der Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises:
- Gebäude unter 50 m² Nutzfläche
- Provisorische Gebäude mit einer Nutzungsdauer von maximal zwei Jahren
- Gebäude, die ausschließlich für religiöse Zwecke genutzt werden
- Denkmalgeschützte Gebäude (unter bestimmten Umständen)
- Bestimmte landwirtschaftliche und industrielle Nutzgebäude
In allen anderen Fällen ist die Vorlage eines gültigen Energieausweises verbindlich.
Rechtlicher Hinweis: Auf die Vorlage eines Energieausweises kann vertraglich nicht verzichtet werden. Solche Klauseln sind rechtlich unwirksam!
Taktisches Vorgehen bei fehlendem Energieausweis
Was können Sie tun, wenn Sie als Käufer oder Mieter keinen Energieausweis erhalten?
Schriftlich anfragen
Fordern Sie den Energieausweis schriftlich beim Verkäufer oder Vermieter an.Frist setzen
Setzen Sie eine angemessene Frist (z.B. 14 Tage) für die Vorlage.Eigenen Energieausweis beauftragen
Bei Nichtreaktion können Sie selbst einen Energieausweis in Auftrag geben und die Kosten vom Verkäufer/Vermieter zurückfordern.Rechtliche Beratung
Bei fortgesetzter Weigerung sollten Sie einen Rechtsanwalt konsultieren.
Als Verkäufer oder Vermieter sollten Sie unter keinen Umständen auf die Vorlage des Energieausweises verzichten oder versuchen, diese Pflicht vertraglich auszuschließen. Die rechtlichen Risiken sind erheblich und können die vermeintliche Kostenersparnis um ein Vielfaches übersteigen.
Der Energieausweis als Marketinginstrument
Neben der rechtlichen Verpflichtung kann ein guter Energieausweis auch als effektives Marketinginstrument dienen:
Vertrauensbildung
Ein freiwillig und frühzeitig vorgelegter Energieausweis signalisiert Transparenz und schafft Vertrauen.Wettbewerbsvorteil
Energieeffiziente Immobilien haben auf dem Markt oft einen Vorteil, da sie geringere Betriebskosten versprechen.Preisargument
Eine gute Energieeffizienzklasse rechtfertigt oft einen höheren Verkaufs- oder Mietpreis.Nachhaltigkeitsaspekt
Umweltbewusste Käufer und Mieter legen zunehmend Wert auf energieeffiziente Gebäude.
Gerade bei Neubauten oder frisch sanierten Objekten kann der Energieausweis die Qualität und Zukunftsfähigkeit der Immobilie unterstreichen und sollte daher prominent in den Verkaufs- oder Vermietungsunterlagen platziert werden.
Fazit
Der Energieausweis ist im österreichischen Immobiliengeschäft weit mehr als eine rechtliche Formalität. Er bietet Transparenz und Sicherheit für alle Beteiligten, liefert wichtige Informationen über zukünftige Energiekosten und dient als Qualitätsnachweis für Immobilien.
Die strikte Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Vorlage des Energieausweises schützt vor rechtlichen Konsequenzen und trägt zu einem fairen und transparenten Immobilienmarkt bei. Zugleich bietet ein guter Energieausweis Chancen für die Vermarktung und Wertsteigerung von energieeffizienten Immobilien.